Früher war alles besser….?
Stimmt das? Wenn man genau nach 50 Jahren als Bundesgeschäftsführer der Deutschen Waldjugend aufhört, wird von einem ein Tätigkeitsbericht erwartet. Was soll ich schreiben?
Wie viele Bundeslager ich als Lagervogt erlebt habe? Wie oft ich auf dem Kirchentag im Organisationsteam war? Wie viele Geschäftsführertagungen ich auf Landes -und Bundesebene und wie viele Lager, Landesveranstaltungen und Horste ich im Bundesgebiet besucht habe? Wie oft war ich auf der Burg Ludwigstein seit 1981 und wie viele „bündische“ Veranstaltungen, Lager und Singetreffen habe ich besucht? Oder was habe ich im Jahr an Post herausgeschickt (in einem Jahr waren es über 19.000 Briefe)? Es würde Seiten füllen, die keinen wirklich interessieren.
Vielleicht ist der Blick auf die Veränderungen der Waldjugend in den 50 Jahren besser.
Mein Spruch ist „ich komme noch aus der Papierzeit“.
Es gab noch kein FAX, Handy, PC. Man schickte alles mit der Post oder musste anrufen (eine Einheit kostete 30 Pfennig ca. 15 Cent), da war „fasse dich kurz“ angesagt. Man schrieb eine Postkarte oder Briefe. Und heute? Ich schicke eine Mail ab und erwarte in den nächsten 3 Minuten eine Antwort.
Früher war alles besser? Man hatte auch Verwaltungsarbeit. Akten mussten gepflegt, Vorschriften zum Jugendschutz beachtet werden. Aber man konnte mit den Mitgliedern leben, gemeinsam planen und gestalten, die Vorschriften und Verordnungen fraßen uns nicht auf. Wie sieht es heute aus? Allein beim Bundesgruppenleitungslehrgang gab es in den letzten 20 Jahren 10 vorgeschriebene Änderungen die beachtet und umgesetzt werden mussten. So ähnlich sieht es auch bei Kasse, Info und alles was die „Verwaltung“ des Bundesverbandes ausmacht aus.
Nein, früher war nicht alles besser, nur die Zeit war anders. Beim 1. Landeslager 1964 von NRW gab es nur 2 Kohten. Bei meinem ersten Lager habe ich unter zwei Decken geschlafen, ich besaß noch keinen Schlafsack.
Alles hat seine Zeit und die ändert sich dauernd. Die Technik, Lebenseinstellungen und das Umfeld bieten uns andere Möglichkeiten und so entsteht der Wandel.
Wieso höre ich jetzt auf, wo ich so großartige Projekte (früher sagte man Aktionen) wie z.B. Wiederaufforstung nach den “Großen Waldbränden” 1975 in Niedersachsen oder Kirchentage und so weiter gemacht habe?
Ganz einfach, die Zeit ist reif für neue Ideen, Projekte und Aktionen. Man denke nur an die Medien mit ihrer Technik, die zu bedienen mir schwerfallen würden.
Die Zeit ist reif, wenn nicht sogar überreif für einen Wechsel.
Ein Motto von mir lautet „den Wald lieben und auf dem Parkett nicht ausrutschen“. Waldläufer ist man immer, sein Leben lang, egal was ich anziehe und beruflich mache, ich sehe meine Umwelt mit anderen Augen.
Ich selbst muss das nicht merken, aber andere sehen und merken das.
HORRIDO
Tönnchen
P.S. Ich bleibe euch als Waldläufer immer noch erhalten.